Dienstag, 27. April 2010

SPIKORS BUCHCLUB

Meine lieben Leseratten,

um dem immer wiederkehrenden Vorwurf entgegenzuwirken, dass wir von Eternia- United zu wenig für die kulturelle Erbauung unserer Leser unternehmen würden, habe ich mich kurzerhand entschlossen an dieser Stelle einen kleinen literarischen Zirkel einzurichten um euch von nun an in regelmäßigen Abständen die neuesten textuellen Ergüsse der schreibenden Zunft sowie die angesagtesten literarischen Trends näherzubringen.

Den Anfang möchte ich gerne machen mit dem neuesten Werk des landesweit bekannten Tunichtguts Moses Arndt, das da heisst "New York City Hardcore". Arndt, bekannt geworden als fleissiger Herausgeber und Schreiberling des wohl besten, aber zumindest großmoi!ligsten deutschen Hardcore-Fanzines aller Zeiten, dem seligen Zap, sowie als Autor der für den Nobelpreis nominierten poststrukturalistischen Novelle "Chaostage", die im Übrigen erst kürzlich kongenial von Tarek Ehlail verfilmt wurde, löst mit diesem Buch ein ca. 15 Jahre altes Versprechen ein und erstaunte mit der Publikation doch so manchen Kritiker, da wohl niemand mehr mit einer Veröffentlichung des Werkes gerechnet hatte, manch einer bezeichnete das Buch gar als das "Chinese Democracy" der Literatur-Szene.

So rief der bekannte Literatur- und Filmkritiker Jörg Harley im Jahre 2008 im Vorwort seines Interviews mit dem Regisseur der Chaostage Verfilmung in der Literatengazette "Pankerknacker" beispielsweise höhnisch dazu auf unbedingt ins Kino zu gehen "Um in zwanzig Jahren die Finanzierung für die Verfilmung von Meister Arndts bis dato eventuell erschienenem Nachfolgeroman sicherzustellen". All diesen bösen Zungen streckt Arndt, mit seiner völlig überraschend erscheinenden Publikation erstmal ordentlich die Eigene entgegen. Mit "New York City Hardcore" legt er ein Werk vor, dass das ohnehin schon ziemlich skandalträchtige Vorgängerwerk in Punkto Gewalt, Brutalität, Menschenverachtung aber auch in seiner Poesie, seiner filigranen literarischen Stilistik und Metaphorik und seiner sprachlichen Brillanz weit hinter sich lässt. Arndt verlässt in diesem Werk den altbekannten Weg des Alltagsromans und begibt sich in dystopische Gefilde, wenn er uns in eine postapokalyptische Zukunft entführt, in der die BIG FOUR, ein Konglomerat aus den Großmächten USA, Rußland, China und Indien, in einem atomar ausgebombten Deutschland schwerbewaffnet Jagd auf die Überlebenden machen, die sich vornehmlich aus radikalen Talibansympathisanten oder kanibalistischen Nazis zusammensetzen. Ein Schelm wer hierbei Trivialität vermutet.

Wie schon in seinem Erstlingswerk benutzt der Autor die Rahmenhandlung desöfteren dazu sich in breiten Diskursen über seinen eigenen musikalischen und subkulturellen Background auszulassen und schafft es tatsächlich in einem im Jahre 2024 spielenden Szenario einen treffenden Kommentar über den aktuellen Zustand der Hardcore- und Punkrockszene abzulassen, indem er seinen Hauptprotagonisten die entsprechenden Dialoge in den Mund legt. Besonders positiv fällt hierbei die schamlos selbstverliebte Verherrlichung der eigenen Meinung des Autors auf, der sein Buch und seine Protagonisten hemmungslos zum Zweck der Selbstpromotion benutzt und dabei nicht wie die meisten anderen Autoren in einer dezenten dahergeheuchelten Pseudobescheidenheit dahindümpelt.

Es mag anzunehmen sein, dass sich mancherlei Leser doch von der teilweise eher rauheren Schreibweise mit der sich der Autor an Thematiken wie Gewalt und Sexualität annähert abgeschreckt fühlt. So verwandelt sich New York, gepusht durch kursierende Sexdrogen und durch entsprechende Medikamente vom Damoklesschwert Aids befreit, in eine riesige Rudelbumszone in der zur Untermalung der Kopulation fleißig NYC Hardcore vom Schlage Urban Waste, Cro-Mags bzw. Agnostic Front gelauscht wird, während in den ausgebombten und verminten Überresten von Deutschland jungfräuliche Mädchen erst zarte Gefühle für Johnny Depp aufbauen dürfen um dann von amoklaufenden Ex-Crass-Hippies in Söldner Diensten der BIG FOUR auf ultrabrutale Weise... Aber ich will nicht vorgreifen, selber lesen sage ich.

Mit seinem neuesten Werk ist Moses Arndt also mal wieder ein Feuerwerk des gepflegten Unfugs gelungen, das ihm erstmal einer nachmachen soll und das seinen Vorgänger bei weitem übertrifft, ohne dabei den Quatschfaktor auch nur um ein Quentchen zu minimieren. Ein absoluter Pflichtkauf für den anspruchsvollen Leser.

Revolutionär und philosophisch as fuck, würde ich sagen, nicht wahr Herr Reich-Ranicki?
-Ich teile wie immerrr ihrre Meinung, Herr Spikorrr!

Arndt, Moses: New York City Hardcore

Erhältlich unter www.newyorkcityhardcore.de

Na dann wünsch ich euch wie immer viel Spaß am Lesen meine lieben Nachwuchsliteraten, bis zum nächsten Mal bei Spikors Buchclub,
Buch Heil,
euer Spikor.

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